Neuer Norden Zürich/ Kanti Zürich Nord:
Das Internet - ein Gefängnis?
Vor ungefähr 30 Jahren teilte Friedrich Dürrenmatt seine Gedanken bezüglich der Sicherheit und Kontrolle in der Schweiz in Form eines Aufsatzes mit dem Namen "Die Schweiz- ein Gefängnis". Dieser entpuppte sich als höchst kritisch und provokant.
Heutzutage gewinnt diese Aussage an Aktualität und somit Relevanz. Wir befinden uns im Zeitalter der Digitalisierung, was ebenfalls bedeutet, dass Kontrolle und Sicherheit des Staats digitalisiert werden. Das geschieht durch Überwachung der persönlichen Nachrichten, durch Computer angeschlossene Mikrofone und Kameras oder durch Kontrolle der Sozialen Netzwerke, was durch Kooperation mit den jeweiligen Firmen erfolgt. Im Gegensatz zu Dürrenmatts Aufsatz/Rede, betrifft dies alles die ganze Welt. Snowden, der 2013 die Geheimnisse und Methoden bezüglich digitaler Kontrolle enthüllte hat eine noch nicht beantwortete, moralische Frage über die Präsenz des Staats im Internet aufgeworfen. Ist es legitim, aufgrund der Sicherheit in die "online" Privatsphäre einzugreifen? Ist die digitale Privatsphäre gleich zu behandeln wie die uns bekannte "physische" Privatsphäre?
Bis heute hat man zu den Fragen noch keine Antwort gefunden. Durch die Kontrolle über das Internet hat der Staat ein leichtes Spiel, was die Erhaltung der Sicherheit angeht. Jedes Gerät kann mit den richtigen Methoden zu einer Informationsquelle gemacht werden und Firmen wie z.B. Google, das zu jeder Person, die die Dienste nutzt, sämtliche Daten über die Verhaltensweisen im Internet hat, können diese ebenfalls zum Vorteil des Staats nutzen. Solange man nichts zu verbergen hat, scheint diese Tatsache harmlos. Doch dies alles ist nicht so harmlos, wie es anfänglich den Anschein macht. Das Nutzen der Daten steht im Konflikt mit der Demokratie und der Freiheit. Das Internet hat heutzutage einen derartigen Einfluss aufs Leben der Menschen, dass das Verhalten im Internet und die dazugehörigen Daten zur Privatsphäre angehörig gesehen werden müssen. Die Kontrolle könnte durchaus das Ausmass eines totalitären Regierungssystems annehmen, falls die jeweilige Regierung eine derartige Absicht hätte. Es gibt aber auch andere Beispiele, wie z.B. die Tatsache, dass Facebook Daten zur Verfügung gestellt haben soll, die bei den amerikanischen Präsidentschaftswahlen zur Manipulation des Volkes durch gezieltere Werbekampagnen geführt haben. Dies wäre ein Beispiel dafür, dass die Datennutzung nicht nur der Sicherheit des Staats dienen, sondern auch gegen den Sinn der Demokratie ausgenutzt werden können.
Die Thematik ist noch sehr jung und mit der Zeit werden sich vermutlich die Gesetze verschärfen, bis man irgendwann den besten Umgang mit Daten gefunden hat. Ich persönliche sehe noch keine grosse Bedrohung, aber ich denke, dass man sich der potenziellen Gefahr durchaus bewusst sein sollte.
(Otar Regös, inspiriert von der Arbeit "Liegender Turm" von Los Carpinteros)
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Ich bin in Beirut aufgewachsen. Da mein Vater aus dem Libanon stammt und meine Mutter gebürtige Schweizerin ist, kann ich mich als Doppelbürgerin bezeichnen. Noch bevor ich eingeschult wurde, zogen wir als ganze Familie in die Schweiz. Mein Leben wurde nun von anderen Werten, Religionen, Zielen und Kulturen geprägt. Unbewusst schritt mein Leben voran, wobei mein Charakter durch Erlebnisse und Mitmenschen geformt wurde. Vor zwei Jahren verspürte ich das Bedürfnis, mein Heimatsland wieder zu erleben und zu erkunden. Ich war mir schon immer bewusst gewesen, dass ich Libanesin bin und ich hatte ebenso immer schon gedacht, dass ich die libanesische Kultur kenne, da sich mein Vater deutlich von typischen Schweizern unterscheidet. Doch nach zwei Wochen Ferien im Libanon wurde mir bewusst, dass ich dieses Land mit all seinen Facetten als Kleinkind völlig anders und zusammenhangslos wahrgenommen hatte. Als 16-Jährige nun sah ich Dinge, die mich schockierten, und war nun fähig, einzelne Bereiche dieses Landes im Zusammenhang zu sehen. Mir fiel beispielsweise auf, dass die Gastfreundschaft und das Komplimente machen Teil der Kultur sind und dass diese kulturellen Werte wichtiger sind als Ehrlichkeit. Im kindlichen Alter nahm ich nur die Herzlichkeit der Verwandten, das gute Essen und die grossen Spielwarenhäuser wahr. Dies sind auch die einzigen Erinnerungen, die mir geblieben waren. Doch der Besuch in dem mir fremd gewordenen Land zeigte mir Strassenkinder, Abfallberge im Meer, Betrug, Unehrlichkeit, unerträgliche Hitze, alte Strassen und vom Krieg gekennzeichnete Häuser. Ich bin erstaunt wie sich der Blick auf das gleiche Land durch eine Zeitspanne verändern kann.
(Priscilla Hobeika, inspiriert von der Arbeit "Haus" von FischliWeiss)
Projekt Nr. 82 - "Kunstbeobachter/innen" Klassen K5d und W5m (BG-Lehrperson: Esther Neff) Kantonsschule Zürich Nord in Kooperation mit Neuer Norden (Kunst im öffentlichen Raum). Schreibcoach: Renata Burckhardt.