Hallraum der Zentralbibliothek Zürich – die Hälfte der Klasse versammelt sich lautselig auf der Treppe und wird vom uniformierten Herrn grossväterlich ermahnt, doch bitte leiser zu sein, akademischer. - Im zweiten Stock verschlossene Türen, da eine Klingel: es öffnet sich die Türe zum lichten Raum, zur Handschriftensammlung. Texte und Bilder in Vitrinen, feinsinnige Ausführungen des Fachmanns (Chris Bünter), Kellers Leben zwischen (wiederholtem) Scheitern und Ruhm - als Schüler wird er von der Schule gewiesen, gescheiterte Versuche als Maler, als Dramatiker etc. Aufgeschlagen: frühste Schulbücher, daneben die Packliste für den Koffer nach München, auch early Copy-Paste: der (wie sich herausstellte abgeschriebene) Brief eines guten Freundes und Kellers entrüstete Antwort darauf. Wir hören von der Kunststadt München, von Heidelberg und von der Garnisons- und Diplomatenstadt Berlin. Ein zeitungsgrosser Reisepass, Faltpass, bilderlos. Signalement des Passinhabers - Alter: 29 Jahre, Grösse: 5 Schuh 4 Zoll, Haare: dunkelbraun, Augenbrauen und Augen: braun, Kinn: rund/ In den Vitrinen Malereien, auch Verliebtheitskritzeleien auf sog. Schreibunterlagen. Da liegt auch eine Handschrift der 2. Fassung des grünen Heinrich, Schrift: schnurflüssig/ Die Originaldokumente werden im fünften und sechsten Untergeschoss in Tresoren aufbewahrt, bewacht: Stadtschatz. Gruppenwechsel, unter Regenschirmen begeben wir uns auf einen kleinen literarischen Spaziergang, Besuch der beiden Kellerhäuser, Fototelefonie unter Tafeln und Inschriften. Zuletzt in die benachbarte Spiegelgasse, von Dada bis Lenin (der sich oft in der ZB aufhielt), so schliessen sich Kreise, Reden bis der Regen aufhört.
Projekt 111: «Green Henry» - Jugendliche nähern sich schreibend dem grossen Zürcher Klassiker. Kantonsschule Enge, Klasse W1b (Lehrerin: Beatrice Stoll) mit Ruth Schweikert und Peter Weber. Im Rahmen von 200 Jahre Alfred Escher & Gottfried Keller, unterstützt vom Lotteriefonds des Kantons Zürich.
Illustration (Ausschnitt): Conrad Hitz, Gottfried Keller, 1863. Quelle: gottfriedkeller-gesellschaft.ch