Am letzten Tag der Reise besuchte die Gruppe den Frankfurter «Main Tower» und hatte das Vergnügen, die Metropole aus 200 Metern Höhe zu betrachten. Danach konnten die Schüler und Schülerinnen den Nachmittag frei verbringen. Der Schreibauftrag: Ein Essay zum Thema «Frankfurt: Eine moderne Stadt?» oder zur Altstadt Frankfurts und deren Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg.
"Die Stadt, flach, ich hoch, ich spüre den Drang zu schreiben..." Goethe im heutigen Frankfurt
Adraâ Anna Boukharta, 20.06.19
1770: Ich lebe in einer Zeit, in der Pferdehufe über die Pflastersteine klappern, ich lebe in einer Zeit, die einst Vergangenheit sein wird, doch für Kommende immer präsent bleibt. Die Stadt, flach, ich hoch, ich spüre den Drang zu schreiben, die Fülle der Stadt wird zur Inspiration.
2019: Ich besuche mein Haus, damals ein Rückzugsort, ein Zuhause, doch nun ist es ein neu aufgebauter Ort, der einst zerstört wurde und mit ihm, ein Teil von mir. Der zweite Weltkrieg vernichtete so Vieles, so Viele. Ich werde mir im Heute angewöhnen müssen das Wahre, das Echte, das Reale niederzuschreiben. Der Mensch darf nicht vergessen, er muss verbessern, überwinden. Meine Verherrlichung vom Menschen lasse ich gemeinsam mit dem wahren, echten Goethehaus hinter mir, etwas Neues soll geboren werden. Ich schaue zurück, schaue nach vorn, du, Übermensch wirst kommen, wir warten, ich warte.Hier in meiner Heimatsstadt frage ich mich, wie die Natur auf den Menschen wirkt und wie die Digitalisierung mit ihr zusammenspielt. Ist es überhaupt noch ein Spiel?
Die Natur hat ihre Aura verloren, dies merkte ich, als ich wieder einmal im Weimarer Park war. Haben wir, die Menschen über all die Jahre der Natur ihre Aura genommen?
Aura bewahren bedeutet für mich, das unverfälschte, echte lebendig halten. Nicht nur das Objekt, das Materielle sehen, sondern dessen Aura erleben.
Auch die Frankfurter Altstadt, die der, in der ich als Kind lebte, zwar noch ähnlich sieht hat, von ihrer Aura verloren. Das kann aber nur ich wissen, denn nur ich sah die frühere Altstadt, die, die vernichtet und wiederaufgebaut wurde. Sie hat ihre ursprüngliche Aura verloren, doch eine neue gebildet. Touristen, die nur noch durchlaufen, um ein Foto zu machen und um das Überbleibsel der Vergangenheit aufzusaugen, spüren diese nicht, doch ich tue dies.
Nun lebe ich in einer Zeit, in der Autos über den Boden rasen, ich lebe in einer Zeit, die einst Vergangenheit sein wird, doch die Geschehnisse werden nie in Vergessenheit geraten.
Die Stadt hoch, ich flach geworden vom Überfluss an Allem. Ich spüre keinen Drang mehr zu schreiben, die Fülle der Stadt wird zur Leere.
Vieles vergisst der Mensch, doch einiges bleibt. Sich zu erinnern ist das Elixier zur Besinnung, zur Fähigkeit etwas ändern zu wollen.
Projekt 113 - "Weimarer Reise-Journal" Jugendliche der Atelierschule Zürich schreiben auf ihrer Reise nach Weimar. Schreibcoach: Selma Matter.