Von Guy Krneta (6. September 2021)
Schön am «Marti-Weiterschreiben» ist, dass es ja eigentlich nicht möglich ist. Eine Dichterin, ein Dichter kann nicht «weitergeschrieben» werden, er oder sie aber kann inspirieren zum Selberschreiben. Es gibt bei Marti mehrere fruchtbare Anknüpfungspunkte, die auch jüngere Schreibende zu inspirieren und anzuregen vermögen. In den drei Treffen habe ich unterschiedliche Bezugspunkte in der Vordergrund gestellt. Beim ersten Treffen die Techniken und Methoden der Konkreten Poesie (von denen sich Marti seinerseits hat anregen lassen, ohne im strengen Sinn «Konkrete Poesie» geschrieben zu haben). Beim zweiten ging es um den ökologischen Marti, den Nachdenker über Klimaveränderungen und das Bewahren der Schöpfung. Auch der Aphoristiker Marti kann heutige Zeitgenossen mit verblüffenden Gedanken anregen. Beim dritten Treffen ging es um den mündlichen Vortrag, die «Dichterlesung» und die Frage nach einem persönlichen Fazit. Die Schüler:innen wurden aufgefordert, eigene Gedichte zu schreiben, die Kurt Marti NICHT geschrieben hat. Auch hier war wieder verblüffend, wie nahe ihm manche Schüler:innen gekommen sind:
Schnee
Drü Spure mit es paar Chrüzige und Lücke
Zwei dünni meistens paralleli Spure
und ei ca. dopplet so breiti vo zoberscht bis zunderscht
Mit em Tag werdets me bis mer am Abig
die einzelne Spure nüme usenadhalte chan
Wänns i de Nacht schneit
dänn fangts morn vo forne a
Projekt 162 - "Marti weiterschreiben". Unterstrass.edu, Klasse 2C (Lehrerin: Karolina Zegar). Schreibcoach: Guy Krneta. In Kooperation mit dem Grossmünster Zürich. Illustration: Aus dem Manuskript Wortwarenladen, Foto JULL. In Anlehnung an die Ausstellung im Museum Strauhof.
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