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"Wir brauchen Altstädte, um zu lernen" Frankfurter Tagebuch (Schluss)

Auf ihrer Reise besuchte die Reisegruppe der Atelierschule Zürich den Frankfurter «Main Tower» und hatte das Vergnügen, die Metropole aus 200 Metern Höhe zu betrachten. Schreibauftrag: Ein Essay zum Thema «Frankfurt: Eine moderne Stadt?» oder zur Altstadt Frankfurts und deren Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg.

Miro Heygel 20.06.2019

Frankfurt am Main (wird im weiteren Text nur noch Frankfurt genannt) ist eine Grossstadt, die es so in Deutschland nicht nochmals gibt. Sie ist mit über 746'000 Einwohnern die fünftgrösste Stadt Deutschlands und hat schon seit dem Mittelalter eine grosse Bedeutung für Deutschland. Der römisch-deutsche Kaiser liess sich dort krönen und die Bundesversammlung des Deutschen Bundes tagte 1848/49 in der freien Stadt Frankfurt. Frankfurt ist von einer mittelalterlichen Kaiserstadt zu einer deutschen Wirtschaftsmetropole herangewachsen.

Gelang dies nur, wegen der Bombardierung im 2. Weltkrieg? Weil dadurch alle alten Häuser weg waren und die Stadt zu dem geformt werden konnte, was sie brauchte, um wirtschaftlich zu wachsen? Sollten wir nun künstlich alle Altstädte abreissen, um den Fortschritt nicht aufzuhalten, oder sollten wir darauf erpicht sein, eine Altstadt zu erhalten?

Die Einwohnerzahl Frankfurts hat sich vom 14. Jahrhundert bis zum 19. Jahrhundert von 10'000 Einwohnern nur auf 20'000 verdoppelt. Danach gab es in der Mitte des 19. Jahrhunderts plötzlich einen Wachstumsschub. Also noch vor beiden Weltkriegen. Die Einwohnerzahl ging von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum ersten Weltkrieg von 20'000 Einwohnern auf 400'000 Einwohner hoch. Es hat also noch nichts mit der Bombardierung zu tun, dass Frankfurt stark gewachsen ist.

Schon im 16. Jahrhundert wurde die Frankfurter Börse gegründet. Sie wurde gegründet, um Betrug und Wucher zu dämmen, was durch das Fehlen einer festgelegten Währung entstand. Man stellte Regeln auf und einigte sich auf Wechselkurse für die verschiedenen Währungen. Das war der Beginn der Frankfurter Wirtschaft.

In der Zeit nach dem Wiener Kongress wurde Frankfurt das politische Zentrum Deutschlands. 1839 wurde die erste Eisenbahnstrecke in Frankfurt gebaut. Dies waren zwei Faktoren, die zu dem Wachstumsschub geführt haben könnten.

Frankfurt investierte nach dem deutsch-französischen Krieg das Geld, das man als Reparationszahlung bekam, und baute die ganze Stadt in verschiedene Richtungen aus. 1861 wurde dann noch der grösste Bahnhof Europas eröffnet.

Man sieht, Frankfurt investierte sehr viel und es lohnte sich. Die Bevölkerungszahl verfünffachte sich bis 1905. 1933 übernahmen die Nationalsozialisten die Regierung in Frankfurt. Dies war der Beginn einer Schreckensherrschaft. Im 2. Weltkrieg wurde Frankfurt mehrfach bombardiert. Die Stadt war zwar mit Luftschutzbunkern geschützt, trotzdem wurde sie in Schutt und Asche gelegt. Die Einwohnerzahl halbierte sich bis zu Kriegsende wieder. Der Grund für die ersten schweren Luftangriffe war, dass Goebbels den totalen Krieg ausgerufen hat, nach der Niederlage in der Schlacht von Stalingrad. Es gab insgesamt zwei solcher schweren Luftangriffe, bei denen die US-Luftwaffe zusammen mit der Royal Air Force die ganze Altstadt Frankfurts dem Boden gleich machte. Insgesamt kamen 5559 Menschen ums Leben bei den Luftangriffen auf Frankfurt.

Nach dem zweiten Weltkrieg entschied sich Frankfurt dazu, den Stadtkern modern wiederaufzubauen, in Beibehaltung des alten Strassennetzes.

Nach dem Wiederaufbau stieg die Einwohnerzahl wieder an und wuchs bis heute auf 746'848 Einwohner.

Die Wirtschaft wuchs seit 2004 von 47 Mrd. €9 auf 66 Mrd. €10. Die Wirtschaft wuchs somit stärker als die Einwohnerzahl. Ich denke, der Wiederaufbau hat geholfen, dass viele Unternehmen nach Frankfurt kamen, da man hier sicher günstig Land bekam für Büroräume, da Frankfurt Arbeitsplätze brauchte. Frankfurt hat einfach Anschluss an den Rhein, an das Schienennetz und an die Luftfahrt. Dies macht es natürlich zu einem günstigen Umschlagplatz für Güter. Mit dem Zug kommt man von Frankfurt überall schnell hin. Mit dem Boot und dem Flugzeug auch.

Zum Ende möchte ich sagen, dass es trotzdem wichtig ist, dass man eine Altstadt bewahrt und pflegt, denn sie gehört zur Geschichte einer Stadt und wie wir wissen, brauchen wir Geschichte, um daraus zu lernen. Eine Altstadt braucht es auch, um eine Stadt verstehen zu können. Um zu lernen, wieso etwas passiert in dieser Stadt und zu wissen, was passieren wird. Die Altstadt in Frankfurt ist selbst sehr schön und man sieht, wie diese Stadt aus dem Mittelalter entstanden ist. Es muss natürlich nicht die ganze Stadt Altstadt sein, denn wir brauchen Fortschritt genauso, wie wir Geschichte brauchen. Dennoch sollte die Altstadt bestehen. Ohne Altstadt wäre es ein ziemlicher Kulturschock in Frankfurt.

Projekt 113 - "Weimarer Reise-Journal" Jugendliche der Atelierschule Zürich schreiben auf ihrer Reise nach Weimar. Schreibcoach: Selma Matter (ehemals Mitglied der JULL Stadtbeobachter*innen).

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