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"(K)eine moderne Stadt" Frankfurter Tagebücher (Nachträge)

Auf ihrer Reise besuchte die Reisegruppe der Atelierschule Zürich den Frankfurter «Main Tower» und hatte das Vergnügen, die Metropole aus 200 Metern Höhe zu betrachten. Schreibauftrag: Ein Essay zum Thema «Frankfurt: Eine moderne Stadt?» oder zur Altstadt Frankfurts und deren Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg.

Jero Plüss 20.06.2019

Die Stadt Frankfurt am Main wird im 2. Weltkrieg völlig zerstört. Die Möglichkeit entsteht, eine moderne, effiziente Stadt zu konstruieren und zu bauen. Die Infrastruktur völlig anzupassen und durchzuplanen, die Architektur gewaltpräventiv zu gestalten und so weiter. Auch wenn diese Möglichkeit durch äusserst traurige Umstände entstand, ist sie schon fast einmalig. Denn aus freien Stücken eine komplette Stadt niederzureissen, um sie neu aufzubauen, ist wahrscheinlich unmöglich durchzuführen.

In Frankfurt und den meisten anderen zerbombten Städten nutzte man also diese Möglichkeit und erbaute neue Städte. Jedoch geschah dies innert wahnsinnig kurzer Zeit auf dem Rücken des westlichen Kapitalismus mit der Intention, den Kommunismus zu verhindern.

Meine Fragestellung also: ob die Chance, eine moderne Stadt zu bauen, wirklich genutzt wurde oder ob eher eine Stadt aus dem Boden gestampft wurde, die möglichst schnell einen künstlichen oder nicht nachhaltigen Reichtum erschafft, die zwar zur Zeit der Erbauung modern war, es jetzt auch noch ist, aber in Zukunft genauso wenig Entwicklungsmöglichkeit hat wie die Stadt davor und genauso veralten wird?

Abgesehen davon, was in der Realität möglich ist, wegen Finanzen, Gesetzen, Gegnern etc. wäre meiner Meinung nach die wichtigste Sache an einer modernen Stadt die Vorausplanung. Damit meine ich, dass die Stadt als ein einheitlicher Organismus gebaut wird und als Einheit so auch funktioniert. Ebenfalls denke ich, dass beim Neubau einer Stadt viel mehr Wert darauf gelegt werden sollte, einen Freiraum zu lassen, in dem sich Neues entwickeln kann. Denn heutzutage werden die zeitgenössische Technik, Baustile etc. in kurzer Zeit bereits überholt sein.

Wie die Umsetzung einer «entwicklungsfähigen» Stadt in der Realität aussehen würde, erlaube ich mir zu vernachlässigen.

Vom Helaba Turm kann man ganz Frankfurt sehen. Die Strassen sind breit, die Häuser stehen in Gruppen zusammen, eine Altstadt, die wie eingebaut wirkt. statt dass der Rest um sie gebaut wurde. Hochhäuser aus Glas.

Frankfurt wirkt modern. Weit in der Ferne, etwas ausserhalb, sieht man das AKW. Und das ist es, was es was mich zu dieser Fragestellung brachte. Das AKW ist für mich der Inbegriff der Dummheit der Menschen, die aus der Nachkriegszeit entstand. Damit meine ich, dass nach dem 2. Weltkrieg der Neoliberalismus entsteht und alles andere, was, von der Wirtschaft bestimmt, zu schnellem Wachstum angelegt ist. Der Wachstum der Wirtschaft ist unrealistisch, gefühlt künstlich. Und um dem Druck, der dadurch entsteht, gerecht zu werden, werden Dinge wie AKWs höchst unüberlegt trotzdem genutzt, obwohl man technologisch nicht ansatzweise in der Lage ist, mit den Konsequenzen umzugehen. Was ich damit sagen möchte, ist, dass es mir scheint, als wäre diese Stadt zwar neu gebaut, aber nicht mit der Absicht, eine moderne Stadt zu bauen, sondern mit der Absicht, der gegenwärtigen Wirtschaft gerecht zu werden und von ihr bestimmt zu sein.

Frankfurt könnte die Stadt sein, in der die letzten Menschen leben. Die immer mehr und Grösseres haben, aber eigentlich an gleicher Stelle bleiben. Die auf der Stelle tretend an einen Wachstum glauben, der unmöglich ist.

Ich glaube also nicht, dass Frankfurt eine moderne Stadt ist. Sie ist das Produkt einer unrealistischen Wirtschaft, die in Zukunft veraltet oder mit uns untergeht.

Projekt 113 - "Weimarer Reise-Journal" Jugendliche der Atelierschule Zürich schreiben auf ihrer Reise nach Weimar. Schreibcoach: Selma Matter (ehemals Mitglied der JULL Stadtbeobachter*innen).

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